Wer sich eine Eigentumswohnung in einem Mehrfamilienhaus kauft, hat sofort mehrere neue Geschäftspartner, die er sich zumeist nicht aussuchen kann. In den 1,8 Millionen deutschen Wohnungseigentümergemeinschaften kommt es bisweilen zu heftigen Auseinandersetzungen. Doch neue Regelungen geben dem einzelnen Eigentümer das Recht, sich gegen alle anderen durchzusetzen.
Heizungsgesetz und Wärmewende haben nochmal vor Augen geführt, wie unterschiedlich Ansichten sein können. Wer eine Eigentumswohnung sein Eigen nennt, muss in Eigentümerversammlungen am Interessensausgleich arbeiten und mit allen Beteiligten einen gemeinsamen Beschluss finden: Soll eine Photovoltaik-Anlage auf das Dach des Hauses? Wie teuer ist eine Wärmepumpe? Fragen an eine Schicksalsgemeinschaft.
Während kleinere Themen zur Instandsetzung oft schnell abgehakt sind, sind es die größeren Investitionen, die das Fass zum Überlaufen bringen können: eine energetische Sanierung zum Beispiel. Oder ein Umbau für barrierefreies Wohnen – wir werden alle älter. Vor 3 Jahren ist das Gesetz über das Wohnungseigentum grundlegend reformiert worden, um Blockaden innerhalb von Eigentümergemeinschaften zu verringern und Modernisierungen zu erleichtern.
Aufzug einbauen
Nach einem Beschluss des Bundesgerichtshof dürfen zum Beispiel zwei Münchner Wohnungseigentümer aus dem 3. und 4. Stock auf eigene Kosten einen Fahrstuhl zur Barrierefreiheit einbauen lassen, obwohl die Eigentümergemeinschaft dagegen votierte. Grundlage des Urteils war eine Vorschrift, die Baumaßnahmen für Barrierefreiheit Vorrang gibt.
Dasselbe gilt auch für den Einbau von Ladestationen, den Einbruchsschutz und den Anschluss an schnelle Digitalnetze. Der Gesetzgeber habe damit ein gesellschaftliches Interesse an Inklusion, Energiewende und Digitalisierung zum Ausdruck gebracht, heißt es. Eine Eigentümergemeinschaft darf solche Baumaßnahmen nur verwehren, wenn das Gebäude dadurch grundlegend umgestaltet würde.
Dach reparieren
Ein anderes Beispiel: Ist das Dach reparaturbedürftig und wollen Wohnungseigentümer bei der Reparatur das Dach dämmen, können sie dies als modernisierende Instandsetzung mit einfacher Mehrheit beschließen. Allerdings muss die Maßnahme wirtschaftlich sein und sich innerhalb von 10 Jahren amortisieren.
Müssen mehr als 10 Prozent der Dachfläche repariert oder erneuert werden, entfällt das Kriterium Wirtschaftlichkeit. Denn die Energieeinsparverordnung verlangt in diesem Fall eine energetische Sanierung. Weil durch die Wärmedämmung eine gesetzliche Vorschrift erfüllt wird, handelt es sich um eine Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung, die mit einfacher Mehrheit beschlossen und von jedem einzelnen Eigentümer verlangt werden könne.
Ist das Dach intakt, gilt die freiwillige Wärmedämmung als Modernisierung: Dann müssen drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer und mehr als die Hälfte aller Miteigentumsanteile zustimmen.